Uf dr Gass Lebenskünstler zu Hause am Rande der Welt

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i sitze da, ziehe an der tüte, und überlege mir, dass ich ungefähr noch soviel geld besitzen täte, um in zehn tagen dem fetten vermieter meine letzten noten in seinen haifischrachen werfen zu können. muss mir glaub langsam en job suchen gehen.

JVA Billwerder, Hamburg.
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JVA Billwerder, Hamburg. Foto: GeorgHH (PD)

7. Dezember 1995
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Korrektur
S'ist nachmittag um vier. gerade erst aufgestanden, tee gemacht, joint gerollt. draussen ist winter und kalt, in der Stube halbwegs wärmlich. was tun?

wenn ich kein geld beschaffe, wird's nicht gut. könnte mir vielleicht was ausleihen, wieder mal, bei nem guten freund, oder nem schlechten kolleg, der gerne freund sein möchte.

kein stolz mehr, kein ehrwertgefühl, keine selbstachtung. wie weit kannst du noch gehen?

deinen weg gehen, willst du das wirklich, immer noch? irgendwann stossen sie dich runter, das weisst du doch genau.. sie werden dich holen und einsperren, vergewaltigen und hirnficken, zerstören und brechen, widerstandslos und kraftlos machen werden sie dich, und dann lassen'se dich fallen, und schmeissen dich weg.

endstation gasse mit dem plasticksack in der hand, wird das toll werden? so ziehe ich mir die jacke an, schnür die schuh, und geh raus, auf die gass, um sie mir noch ein bisschen auf die distanz ansehen zu können. als ich rauskomm, wird's mir eiskalt um's herz. lärm, gestank, hektik, anonymität.

ein hässliches, weisses, vom hass verzerrtes fleischgesicht kommt mir entgegen. und zieht an mir vorüber, ohne mich zu bemerken. hab ich's doch gewusst.

sofort rechts umkehrt gemacht, zurück in die erkaltete stube, feuer im ofen entfacht mit dem restlichen holz, wasser für en tee aufgeheizt, ein smoking zurechtgelegt, das krümel haschisch angeheizt, musik ertönen lassen, und den stift und es papier geschnappt.....

ub